29. Rathaus

Erbaut 1575 - 1583

Das Rathaus ist ein Nachbau
von 1699-1700. Das Original
wurde 1689 durch Soldaten
Ludwig XIV. niedergebrannt.

 

Das Rathaus wurde im Renaissancestil als Ersatz für einen durch Feuer zerstörten gotischen Vorgängerbau errichtet. Figuren und Wappen der Giebelseite dokumentieren das Miteinander städtischer Selbstverwaltung und landesherrlicher Aufsicht. Kurtrier und mit ihm Münstermaifeld wurde im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) Opfer der von Ludwig XIV. befohlenen Politik der verbrannten Erde. Zweimal, 1689 und 1691, wurde die Stadt fast völlig durch Brandschatzung zerstört. Der zweite Brand war die Folge einer Verwechslung mit Münstereifel durch den Marschall de Boufflers. Dem Brand von 1689 fiel auch das Rathaus zum Opfer. Erst 10 Jahre danach konnte der  Wiederaufbau im alten Stil beendet werden. Seit 1998 sind Bürgermeister/in und Stadtrat wieder in den ehrwürdigen Ort städtischer Selbstverwaltung zurückgekehrt.


bild1 300px 80

Der Renaissance-Bau entstand 1575-1583, nachdem das gotische Rathaus an dieser Stelle einem Brand zum Opfer gefallen war.

Rathaus
Renaissance-Rathaus

 

Als Münstermaifeld 1689 durch die Soldaten Ludwig XIV. eingeäschert wurde, brannte auch das Rathaus bis auf die Grundmauern nieder. Die durch eine Verwechslung mit Münstereifel vom Marschall de Boufflers veranlasste erneute Brandschatzung der Stadt verzögerte den Wiederaufbau. Von 1699 an wurde das Rathaus nach den alten Plänen wiedererrichtet.
Der Figuren-und Wappenschmuck der Giebelseite des Gebäudes bezeugt das Selbstbewusstsein der Stadt und die Stadtherrschaft des Erzbischofs von Trier. Auf dem oberen Giebelsims seitlich die Gestalten der Gerechtigkeit und der Klugheit. Im unteren Teil des Giebels eine Ädikula mit dem Relief eines Mannes mit Sense, Ährenbündel und Füllhorn, Allegorie des Wohlstandes.

Ädikula-Wohlstand
Ädikula, Allegorie des Wohlstandes

 

Zwischen den Fenstern des ersten Obergeschosses das alte Stadtwappen von Münstermaifeld, ein Doppelschild, außen das kurtrierische Wappen, innen ein aufrecht stehender Schlüssel.

Doppelschild
Doppelschild, altes Stadtwappen

 

Im Bogen des Einganges das Amtswappen der Stadt, mit dem kurtrierischen Kreuz und zwei gekreuzten Schlüsseln.

Amtswappen
Kurtrierisches Amtswappen

 

Der erzbischöfliche Landesherr wachte über die städtische Selbstverwaltung. Nach 1815 bezeugt das Adlerwappen die Zugehörigkeit zum Königreich Preußen.

Rathaus mit preußischem Adler-Wappen
Rathaus mit preußischem Adler-Wappen
Briefsiegel aus preußischer Zeit Briefsiegel aus preußischer Zeit

 

Der an der Nordostecke des Rathauses abgestützte Torbogen, das Michaelstor, welches die Stiftsimmunität von der bürgerlichen Stadt trennte, ist im Bogenansatz noch zu sehen. Die Ratsherren konnten über einen Gang des Tores in die dem Rathaus gegenüberliegende Michaelskapelle gehen, wo sie sich vor ihren Ratssitzungen zum Gebet versammelten.
An der abgeschrägten Hausecke, vorne, befand sich ein Halseisen.

Das Rathaus war seit Verleihung der Gerichtshoheit an die Stadt zugleich Sitz des Hochgerichtes. Diese Verleihung erfolgte 1277. Die Schöffen des Gerichtes waren auch die Mitglieder des Stadtrates. Eine Gewaltenteilung gab es noch nicht. Wenn die Schöffen tagten, war das Rathaus für die Bürger verschlossen. Ansonsten war das Rathaus für die Bürger ein offenes Haus. Das galt für Feste und Feiern. So wurde den Angehörigen Verstorbener im Rathaus Wein ausgeschenkt.
In der Stadtordnung von 1576, wir schauen in die Zeit, als das Rathaus gebaut wurde, finden wir folgendes Verfahren zur Bestimmung eines Bürgermeisters der Stadt: Am zweiten Donnerstag nach Johannes dem Täufer (24. Juni) jeden Jahres ließ der amtierende Bürgermeister durch den Stadtdiener auf den Mauern und auf dem Markt ins Horn blasen, zur Erinnerung, dass seine Amtszeit abgelaufen ist. Am darauffolgenden Donnerstag, nach dreimaligem Läuten der Glocken von St. Peter, fanden sich der Bürgermeister und seine Schöffen mit den Bürgern im Hospitalsgut zusammen. Die Bürger konnten in dieser Versammlung Klagen und Wünsche vorbringen. Dann berieten sich die Schöffen und wählten einen Kandidaten. Der alte Bürgermeister trug den Vorschlag den Vertretern des Erzbischofs, Schultheiß und Kellner, dann den Bürgern, vor. Damit war der neue Bürgermeister bestimmt. Er gelobte dem Schultheiß treue Pflichterfüllung und leistet vor der Bürgerschaft den Eid. Die Amtszeit des Bürgermeisters dauerte ein halbes Jahr und ging vom 24. Juni bis zum 26. Januar.

Das übernächste Gebäude in Blickrichtung Stiftskirche (Martinstraße 3) ist das Geburtshaus des Bildhauers, Malers und Glasmalers Professor August Weckbecker.

Portrait Prof. August Weckbecker
August Weckbecker (1888-1939)



Er wurde in dem Haus, in dem sich von 1893-1942 Verlag und Druckerei der Münstermaifelder Zeitung befanden am 28.05.1888 als Sohn des Gerbers Johann Peter Weckbecker und seiner Frau Magdalena Alt geboren. Er lebte in München,  wo er von König Ludwig III. gefördert wurde. Seine zumeist kirchlichen Auftraggeber schätzten die handwerkliche Meisterschaft und die der Tradition verpflichtete Formensprache. Zu seinen Bewunderern gehörte Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII., Papst Benedikt XV. saß ihm Modell für eine Büste und Papst Pius XI. erteilte ihm den Auftrag für die unten abgebildete Madonna "Patrona Spirensis" im Dom zu Speyer. Als Künstler und als Benediktineroblate hatte er sich ganz dem Dienst an seiner Kirche verschrieben. Das galt auch für seine Brüder, Karl und Johann. Karl am 2. 11. 1889 in Münstermaifeld geboren, trat als Pfarrer von Hattenheim (1929-1938) unerschrocken für die gefährdeten Rechte seiner Kirche ein. Nur sein früher Tod 1938 verhinderte wohl, dass er, wie sein Bruder Johann in Haft genommen wurde. Johann am 07.04.1892 in Lohr/Rhein geboren, wohin die Familie aus Münstermaifeld verzogen war, befand sich 1936 in Wiesbaden wegen eines Vergehens gegen das "Heimtückegesetz" in Untersuchungshaft. Er galt vor der Machtergreifung als einer der schärfsten Gegner des Nationalsozialismus unter den Beamten der Landesverwaltung in Wiesbaden. Verhaftet wurde er wegen seiner Kritik an der Zurückdrängung der katholischen Kirche aus dem öffentlichen Leben. Sein Verfahren endete mit einem Freispruch.     

Sculpture
Patrona Spirensis, 1930



August Weckbecker starb am 13. 09.1939 in München.

Glossar

Ädikula

Eine Umrahmung von Nischen z. B. in einer Fassade.

nach oben


Michaelskapelle

Diese Kapelle gegenüber dem Rathaus bestand seit dem 13. Jh. Es war die Kapelle der Michaelsbruderschaft, der ältesten Bruderschaft der Stadt. Die Kapelle und das angrenzende Grundstück sollten dem Begräbnis der Brüder, sowohl Geistliche wie Laien, dienen. Die Bruderschaft hat sich besonders in der Armenfürsorge engagiert. Für das eigene Begräbnis sollte ein Bruder ein Pferd, eine Kuh, ein Gewandt oder wenigstens eine kleine Geldsumme geben. Die Kapelle konnte über einen gedeckten Gang vom Rathaus aus erreicht werden. Nach dem Brand des Gebäudes 1770 wurden die Kapelle und das Beinhaus abgerissen.

nach oben


Schultheiß

Der Schultheiß vertrat die Interessen des Landesherrn vor Ort, so auch in der Stadt Münstermaifeld. Er sorgte dafür, dass die landesherrlichen Befehle umgesetzt wurden. Zu seinen Aufgaben gehörte die Leitung des Schöffenkollegiums der Stadt.

nach oben


 

Kellner

Kellner: Er war für die Verwaltung der Geld- und Naturalabgaben an den Landesherrn zuständig. 

nach oben


Dingtag

Gerichtstag mit festen Terminen.

nach oben

 

Benediktineroblate

Die Oblation ist das in einem kirchlichen Ritus abgelegte Versprechen eines Laien ein christliches Leben in enger Verbundenheit mit einem bestimmten Kloster im Geist des Ordensgründers zu führen. Mit der Oblation wird der Oblate oder die Oblatin Mitglied der klösterlichen Familie einer bestimmten Niederlassung der Benediktiner in der Regel jedoch, ohne im Konvent zu leben.