8. Alte Schule

Erbaut 1746

Als Vikariehaus "St. Anton
und St. Nikolaus" gebaut.
Von 1822 bis 1897 städtische
Schule und Lehrerwohnung.

 

Das von einem Vikar des Stiftes 1743-1746 erbaute Haus wurde 1802, nach Aufhebung des Stiftes, als französische Staatsdomaine an private Bieter versteigert und 1820 von der Stadt Münstermaifeld als Schulhaus erworben. Das Gebäude wurde als Schulhaus durch einen Anbau vergrößert. Weitere Umbauten und eine Umgestaltung der Fassaden erfolgten 1927. Von 2000-2018 renovierten die heutigen Besitzer das Gebäude. Die Einrichtung der "Alten Schule" gehörte zu den Maßnahmen der Stadt um nach Schließung der Lateinschule des Stiftes 1795 und mit der Durchsetzung der Schulpflicht nach 1815 die wachsenden Schülerzahlen zu versorgen. 


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Der Vikar Caspar Nebgen aus Niederelbert im Westerwald hatte das  ursprüngliche Haus 1743-1746 aus eigenen Mitteln errichtet.

Alte Schule (1822 – 1897)
Alte Schule (1822 – 1897)


Er war seit 1725 Vikar des St. Nikolaus und St. Antonius Altars in der Stiftskirche und blieb es bis zu seinem Tod 1779. Als Vikar hatte er die an diesem Altar gestifteten Messen und Jahresgedächtnisse zu halten. Dafür standen ihm die Erträge aus den Schenkungen der Stifter zu. Der St. Nikolaus Altar wurde 1295, der St. Antonius Altar 1321 gestiftet. Beide wurden 1660 vereinigt. 
Nach der Aufhebung des Stiftes wurde das Vikariehaus versteigert und kam zunächst in Privatbesitz. Nach Schließung der Lateinschule des Stiftes gab es noch eine "Deutsche Schule", für die 1714 ein Stadtschulhaus gebaut worden war.

Stadtschule oder
Stadtschule oder "Deutsche Schule" von 1714 bis 1820



Bis 1820 wurden Jungen und Mädchen hier unterrichtet. Die Stadt hatte inzwischen das ehemalige Vikariehaus gekauft und als Schule für Jungen und Mädchen erweitert und eingerichtet.

Grundrissplan von 1887
Grundriss von 1887, der Schulsaal , rechts, ist ein Anbau an das Vikariehaus von 1746



Mit den wachsenden Schülerzahlen mussten 1841 die Mädchen in das aufgegebene Heilig-Geist-Spital umziehen. Die Jungen konnten seit 1880 die Vorbereitungsschule des neu gegründeten Lehrerseminars besuchen. Die Mädchen kehrten in das ehemalige Vikariegebäude zurück. Der Bau einer neuen Volksschule gelang, gegen den Widerstand der Stadt, erst 1897. Hier wurden zunächst die Mädchen, nach Schließung der Vorbereitungsschule des Lehrerseminars 1925 auch die Jungen bis 1970 unterrichtet. Das frühere Vikariehaus kam in Privatbesitz und wurde von 2000-2018 grundlegend renoviert..

Heilig Geist-Schule (1841-1880)
Heilig-Geist-Schule (1841-1880)

 

Lehrerseminar und Jungenschule (1880-1925)
Lehrerseminar und Jungenschule (1880-1925)

 

Volksschule (1897 – 1970)
Volksschule (1897 – 1970)


So wie die Lateinschule des Stiftes eine überregionale Ausstrahlung hatte, so trug das Lehrerseminar mit über 1000 Absolventen den Ruf Münstermaifelds als Schulstadt über die Dorfschulen in die gesamte Eifel. Schulstadt blieb Münstermaifeld auch danach. Seit der Gründung eines Aufbaugymnasiums 1923, seiner Umwandlung in ein Vollzeitgymnasium 1980, verließen über 3000 Schüler/innen mit dem Abitur die kleine Stadt. Das heutige Kurfürst Balduin Gymnasium mit über 1000 Schüler/innen bewahrt in seiner Schul–Parkanlage die Tradition der Schulstadt Münstermaifeld. Das Gebäude des Lehrerseminars von 1890 wird weiter genutzt, ebenso wie das auf dem Gelände der Schule stehende "Weckbecker Schlösschen" von 1844/45. Diese klassizistisch gezeichnete Villa

Weckbecker Villa seit 1878 Schulgebäude
Weckbecker Villa, seit 1878 Schulgebäude


war ein Geschenk des durch Immobiliengeschäfte reich gewordenen Franz Georg Severus Weckbecker an seinen Sohn Karl anlässlich seiner Vermählung 1844 mit Nanny Frings. Heute befindet sich in der Villa die Schulverwaltung.



Weckbeckergräber auf dem Friedhof der Stadt Münstermaifeld
Die Weckbecker Grabmale - Erläuterung siehe: Glossar - Franz Georg Severus Weckbecker



Glossar

Säkularisierung

In den von Frankreich annektierten linksrheinischen Gebieten wurden 1802 die kirchlichen Verhältnisse neu geregelt. Mit Ausnahme der Bistümer und Pfarreien wurden fast alle geistlichen Einrichtungen aufgehoben und ihr Besitz dem französischen Staat übertragen. Alle davon betroffenen Geistlichen erhielten eine jährliche Pension von 500 (für unter 60-Jährige) bzw. 600 Francs (ab 60 Jahren). Zur Aufbesserung der Finanzen des französischen Staates wurden die säkularisierten Güter in den folgenden Jahren versteigert und gingen überwiegend an private Käufer. Bei der Vielzahl geistlicher Institute im ehemaligen Erzbistum Trier kam es, auch im Maifeld, zu einer einschneidenden Umverteilung des Immobilieneigentums.

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Vikar

Die Vikare hatten die Aufgabe, die gestifteten Messen und Jahresgedächtnisse an den ihnen übertragenen Altären zu halten. Ihre Zahl war von der Zahl der Altäre abhängig. Insgesamt sind 27 Altäre nachweisbar. Als 1660 mehrere Altäre zusammengelegt wurden, verringerte sich auch die Zahl der Vikare. In der Verwaltung ihrer Güter und Einkünfte unterstanden sie dem Kapitel.

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"Weckbecker Schlösschen"

Als Carl Franz Weckbecker 1862 drei Monate vor seinem Vater starb, hinterließ er die Witwe Maria Anna Frings mit sieben unmündigen Kindern. Er war bei seinem Vater geblieben und half ihm in der Geschäftsführung. Seit 1844 lebte er mit seiner Familie im klassizistischen "Weckbecker Schlösschen". Er gehörte 1858 zu den Gründungsmitgliedern des Musikvereins Münstermaifeld. Seine Kinder, im Unterschied zu denen seiner Geschwister fanden sich im weiteren Leben nicht in Villen und Schlössern wieder sein Sohn Christian Arthur, 21 Jahre jung, heuerte Anfang März 1874 auf dem Frachtschiff “Undine“ in London als Matrose an. Zielhafen des Schiffes war Otago auf Neuseeland. Am 15. März 1874 erfolgte der Eintrag seines Todes im Logbuch. Er wurde auf See bestattet. Am 19.Januar 1875 wurde seine Hinterlassenschaft im Handelsministerium in London registriert. Nach Verkauf seines Eigentums blieben den Erben 3 Pfund, 15 Schilling und 1 Penny.  Zu diesem Zeitpunkt hatte sein 5 Jahre älterer Bruder Carl Maria Eduard schon seine Theaterlaufbahn begonnen. In diesem Jahr wird er im Almanach der Genossenschaft der deutschen Bühnenangehörigen als Chorist geführt. Stationen seiner Laufbahn als Chorsänger, einige Male auch Solist, seit 1888 nur noch als Souffleur sind Hamburg, Altona, Münster, Königsberg, Berlin, Kassel, Erfurt, Bukarest, Gera, Kiel, Magdeburg, Posen und als letzte Verpflichtung1903/04  St. Petersburg. Eduard, arbeitslos, starb 1905 in Berlin. Ein weiterer Sohn, Emil, der als Buchhalter arbeitete, starb 1900 in Frankfurt in einer “Irrenanstalt.“ Dasselbe Schicksal erlitt sein Sohn Carl Albert, der am 12. Dezember 1896 in der Nervenheilanstalt zu Possenheim bei Köln verstarb. Der Sohn Franz Georg war Buchhändler in München, Oscar arbeitete bis zu seinem Tod als Versicherungsinspektor. 

 

 

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Franz-Georg-Severus Weckbecker

Er wurde am 2. Juli 1775 in Sevenich geboren. Sein erstes Geld verdiente er mit der Lieferung von Futtermitteln an die Kriegsparteien der Revolutionskriege. Bei der Versteigerung der Domänen durch den französischen Staat nach 1802 war er einer der erfolgreichsten Bieter. Er steigerte nicht nur kirchliche Güter, sondern bot auch für bürgerliche und adelige Immobilien. Nur einmal verließ er den Geschäftsbereich der Spekulation mit Landprodukten und Immobilien. Im Sommer 1852  zeichnete er in einer Gesellschaft zum Bau der linksrheinischen Eisenbahn von Bonn über Koblenz nach Bingerbrück Anteile über 1,5 Millionen Taler. Die Gesellschaft beantragte beim preußischen Handelsministerium eine Konzession, kam aber nicht zum Zuge. Seinen wirtschaftlichen Erfolg verdankt er der französischen Revolution und der Zugehörigkeit der linksrheinischen Rheinlande zu Frankreich. Auch familiär war er mit Frankreich verbunden. Sein Schwager der Hauptmann der Dragoner Henry Joseph Debaisieux wurde 1804 von Napoleon als Ritter der Ehrenlegion ausgezeichnet. Sein Enkel Marie Francois Georges Ulric Stoffels fiel als Unterleutnant 1870 im Kampf gegen Preußen und seine Verbündeten. Er wurde posthum zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Franz Georg Weckbecker starb am 16. März 1862. Er hinterlässt in der Erinnerung der Stadt das Bild eines erfolgreichen Aufsteigers und mit der "Weckbecker Villa" ein gelungenes Beispiel für den klassizistischen Baustil. Die Autobiographie seines ältesten Sohnes Peter Weckbecker stellt uns seinen Vater Franz Georg als einen tatkräftigen, intelligenten Mann vor, dessen Schulbildung mit drei Jahren Winterschule abgeschlossen war. Seinen Lebenszweck fand er in der Vermehrung seines Reichtums. Es waren seine beiden Ehefrauen, die dafür sorgten, dass die 15 seiner 22 Kinder, die das Kindesalter überlebten, eine gute Ausbildung erhielten. So finden wir in den Familien der zahlreichen Nachkommenschaft Lebensläufe, die sich weit vom Vorbild des Vaters entfernten. Für alle aber war der Reichtum des Vaters die Grundlage für eine berufliche Karriere, geschäftlichen Erfolg oder eine statusfördernde Heirat. Die Grabmale seiner Familie erinnern daran, dass er nicht nur im Leben sondern auch über den Tod hinaus  die Maßstäbe seiner Mitbürger verlassen hatte.